Mehr als nur eine administrative Hürde – Eine strategische Herausforderung für den Mittelstand
Eine neue EU-Regulierung, die auf den ersten Blick wie eine rein technische Anpassung im Zahlungsverkehr erscheint, birgt das Potenzial, die Liquiditätsströme unvorbereiteter Unternehmen empfindlich zu stören. Die Rede ist von der „Verification of Payee“ (VoP)-Verordnung, die am 9. Oktober 2025 für alle Zahlungsdienstleister im Euroraum verpflichtend wird. Diese Regelung ist weit mehr als eine administrative Hürde; sie stellt eine fundamentale Veränderung der europäischen Zahlungslandschaft dar und erfordert eine strategische Auseinandersetzung auf höchster Ebene. Die größte Gefahr von VoP liegt nicht in der technischen Implementierung, sondern in den schleichenden und oft unvorhergesehenen Auswirkungen auf das wertvollste Gut eines Unternehmens: seine Liquidität.
Die Verordnung ist ein zentraler Baustein in der umfassenderen Strategie der Europäischen Union, einen digitalen, hochsicheren und in Echtzeit funktionierenden Finanzraum zu schaffen. Die flächendeckende Einführung von SEPA-Echtzeitüberweisungen (SEPA Instant Credit Transfer, SCT Inst) erhöht die Geschwindigkeit des Zahlungsverkehrs, aber auch das Risiko von Betrugsarten wie dem „Authorised Push Payment“ (APP)-Betrug, bei dem Kunden dazu verleitet werden, Gelder an Betrüger zu überweisen. VoP dient als präventiver Sicherheitsmechanismus, der das Vertrauen in diese sofortigen und unwiderruflichen Transaktionen stärken soll und somit eine Grundvoraussetzung für die Vision eines europaweiten Echtzeitzahlungssystems darstellt. Für Unternehmen bedeutet dies, VoP nicht als temporäre Hürde, sondern als integralen und dauerhaften Bestandteil der zukünftigen Finanzarchitektur zu betrachten.
1. Die EU-Verordnung „Verification of Payee“ (VoP): Was genau ändert sich im Zahlungsverkehr?
Der rechtliche Rahmen: Von der Instant Payments Regulation (IPR) zur unternehmensweiten Pflicht
Die Verpflichtung zur Einführung von VoP ist in der EU-Verordnung über Sofortzahlungen (Instant Payments Regulation, IPR), offiziell als Verordnung (EU) 2024/886 bezeichnet, verankert. Ein entscheidender und oft missverstandener Punkt ist jedoch, dass die VoP-Anforderung weit über Echtzeitzahlungen hinausgeht. Sie gilt für
alle SEPA-Überweisungen (SCT) sowie für SEPA-Echtzeitüberweisungen (SCT Inst) in Euro. Jedes Unternehmen, das Euro-Überweisungen tätigt oder empfängt, ist somit betroffen.
Die technischen Standards und detaillierten Regelwerke für diesen Prozess werden vom European Payments Council (EPC) entwickelt. Das offizielle VoP Scheme Rulebook tritt am 5. Oktober 2025 in Kraft, nur wenige Tage vor der gesetzlichen Frist, und schafft einen einheitlichen, europaweiten Rahmen für die Umsetzung.
Der Mechanismus im Detail: So funktioniert der IBAN-Name-Check in der Praxis
Der VoP-Prozess ist ein automatisierter Abgleich, der in Echtzeit stattfindet, bevor eine Zahlung final autorisiert wird. Der Ablauf ist wie folgt:
- Der Zahler gibt die IBAN und den Namen des Zahlungsempfängers in seiner Banking-Anwendung ein.
- Die Bank des Zahlers (der „Requesting PSP“) sendet über eine gesicherte API-Schnittstelle eine Anfrage an die Bank des Empfängers (den „Responding PSP“).
- Die Empfängerbank gleicht die übermittelten Daten mit den bei ihr hinterlegten Kontoinformationen ab.
- Innerhalb von Sekunden sendet die Empfängerbank eine Antwort zurück.
- Die Bank des Zahlers zeigt das Ergebnis an, woraufhin der Zahler entscheiden kann, ob er die Transaktion freigibt oder abbricht.
Dieser Service muss für den Zahler kostenlos angeboten werden, was die flächendeckende Nutzung sicherstellen soll.
Das „Ampelsystem“ der Banken: „Match“, „Close Match“ und „No Match“
Das Ergebnis des Abgleichs wird dem Zahler in Form eines einfachen Systems mitgeteilt, das oft als „Ampelsystem“ beschrieben wird. Die möglichen Rückmeldungen haben direkte Konsequenzen:
- Match (Übereinstimmung): Name und IBAN stimmen exakt mit den bei der Empfängerbank hinterlegten Daten überein. Die Zahlung kann mit hoher Sicherheit ausgeführt werden.
- Close Match (Annähernde Übereinstimmung): Es gibt geringfügige Abweichungen, z. B. Tippfehler, fehlende Rechtsformzusätze („GmbH“) oder die Verwendung von Initialen anstelle des vollen Vornamens. In diesem Fall wird dem Zahler oft der korrekte Name vorgeschlagen. Er muss die Zahlung aktiv bestätigen und wird auf die Abweichung hingewiesen.
- No Match (Keine Übereinstimmung): Die übermittelten Daten weichen erheblich voneinander ab. Es wird eine deutliche Warnung angezeigt. Der Zahler kann die Überweisung zwar dennoch ausführen, doch die Haftung für eine eventuelle Fehlleitung des Geldes geht in diesem Fall vollständig auf ihn über.
- Verification Not Possible / No Check (Prüfung nicht möglich): Aufgrund technischer Probleme oder weil die Empfängerbank den Dienst (noch) nicht anbietet, kann kein Abgleich stattfinden. Auch hier trägt der Zahler das volle Risiko bei der Ausführung der Zahlung.
Gerade die Kategorie „Close Match“ wird in der Praxis zu einer erheblichen operativen Herausforderung. Die Logik, was als „annähernde Übereinstimmung“ gilt, ist nicht starr genormt und hängt von der Qualität der Algorithmen des jeweiligen Zahlungsdienstleisters ab. Unternehmensnamen sind komplex: „Müller GmbH & Co. KG“ gegenüber „Müller KG“ oder Handelsnamen wie „Hotel zur Post“ gegenüber dem juristischen Inhaber „Max Mustermann e.K.“. Dies kann dazu führen, dass eine Zahlung an denselben Empfänger bei einer Bank als „Close Match“ durchgeht, während eine andere Bank sie als „No Match“ einstuft. Für Unternehmen entsteht dadurch eine unvorhersehbare Zahlungslandschaft, die eine extrem präzise Datenpflege und Kommunikation erfordert.
2. Das Liquiditätsrisiko: Wie fehlerhafte Stammdaten Ihren Cashflow lähmen können
Die wahre Gefahr der VoP-Verordnung liegt in ihrer Fähigkeit, den Cashflow eines Unternehmens an beiden Enden – beim Zahlungseingang und beim Zahlungsausgang – empfindlich zu treffen.
Gefahr für den Zahlungseingang: Wenn Kundenrechnungen ins Leere laufen
Die direkteste Auswirkung betrifft die Debitorenbuchhaltung. Gibt ein Kunde bei der Überweisung einer Rechnung auch nur eine leicht abweichende Version Ihres Firmennamens an, kann seine Zahlung blockiert oder mit einer Warnung versehen werden, die ihn von der Ausführung abhält. Die Folge ist ein unmittelbarer Anstieg der Außenstandsdauer (Days Sales Outstanding, DSO) und eine Verschlechterung des Cash Conversion Cycle. Der administrative Aufwand, den Kunden zu kontaktieren, den exakt zu verwendenden Namen zu kommunizieren und auf die korrigierte Zahlung zu warten, führt zu signifikanten Verzögerungen im Zahlungseingang. Besonders gefährdet sind Unternehmen, deren bekannter Handelsname vom eingetragenen juristischen Namen abweicht.
Blockierte Lieferantenzahlungen: Die Kettenreaktion in Ihrer Supply Chain
Auf der anderen Seite drohen bei fehlerhaften Stammdaten im Kreditorenmanagement gravierende Konsequenzen. Eine fehlgeschlagene Zahlung an einen strategisch wichtigen Lieferanten kann zur Unterbrechung von Lieferketten, zum Verlust von Skonti für frühzeitige Zahlung, zu beschädigten Geschäftsbeziehungen und sogar zu Vertragsstrafen führen. Ein einziger unsauberer Datensatz im Lieferantenstamm kann so kritische Zahlungen stoppen und damit die Produktion oder den Geschäftsbetrieb gefährden. Aus einem vermeintlich kleinen Datenqualitätsproblem wird ein handfestes operatives Risiko.
Die Kaskade der Folgekosten: Mehr als nur eine fehlgeschlagene Transaktion
Die direkten Kosten einer fehlgeschlagenen Zahlung sind nur die Spitze des Eisbergs. Die indirekten Folgekosten sind weitaus höher und umfassen:
- Administrativer Mehraufwand: Die Arbeitsstunden, die für die Recherche fehlgeschlagener Zahlungen, die Kommunikation mit Geschäftspartnern, die Korrektur der Daten in ERP- oder Treasury-Management-Systemen (TMS) und die erneute Initiierung der Transaktionen aufgewendet werden müssen, sind erheblich.
- Finanzielle Verluste: Der Verzicht auf Skonti, potenzielle Verzugszinsen und die Opportunitätskosten des gebundenen Kapitals summieren sich schnell.
- Reputationsschaden: Als unzuverlässiger Zahler wahrgenommen zu werden, untergräbt die Verhandlungsposition und das Vertrauen bei Lieferanten und Partnern.
3. Operative Fallstricke in der Praxis: Von Stammdaten bis zu Sonderfällen
Die erfolgreiche Navigation der VoP-Anforderungen hängt von der Bewältigung mehrerer operativer Herausforderungen ab, die tief in den Unternehmensprozessen verwurzelt sind.
Die Achillesferse: Qualität der Stammdaten (Master Data)
Saubere, exakte und aktuelle Stammdaten für Kunden und Lieferanten sind nach der Einführung von VoP keine reine Formsache mehr, sondern eine Überlebensnotwendigkeit. Unternehmen müssen einen systematischen Audit- und Bereinigungsprozess für ihre Stammdaten initiieren. Es reicht nicht mehr aus, eine IBAN auf ihre formale Gültigkeit zu prüfen; es muss der
exakte, bei der jeweiligen Bank des Partners registrierte Kontoinhabername verifiziert und hinterlegt werden.
Firmenname ist nicht gleich Firmenname: Die Tücke der Details
Die Praxis zeigt, dass die häufigsten Fehlerquellen in den Details der Namensgebung liegen:
- Rechtsformzusätze: „Max Mustermann GmbH“ ist nicht dasselbe wie „Max Mustermann GmbH & Co. KG“.
- Handels- vs. juristische Namen: Zahlungen an das „Restaurant am Markt“ müssen an den Inhaber „Anna Schmidt e.Kfr.“ adressiert sein.
- Abkürzungen und Initialen: „Dr. P. Müller“ kann zu einem „Close Match“ oder „No Match“ führen, wenn im Konto „Dr. Peter Klaus Müller“ hinterlegt ist.
Unternehmen sind daher gezwungen, auf allen Rechnungen und in der gesamten Geschäftskommunikation den exakten Empfängernamen klar und unmissverständlich anzugeben.
Sonderfall Sammelzahlungen (Bulk Payments): Die Haftungsfalle „Opt-Out“
Für Firmenkunden (definiert als Nicht-Verbraucher) sieht die Regulierung eine „Opt-out“-Möglichkeit vor. Sie können Sammelzahlungsdateien ohne VoP-Prüfung einreichen, um die automatisierte Verarbeitung (Straight-Through Processing, STP) aufrechtzuerhalten. Diese vermeintliche Erleichterung ist jedoch eine gefährliche Haftungsfalle.
Durch die Wahl des „Opt-out“ übernimmt das Unternehmen explizit 100 % der Haftung für jegliche fehlgeleitete oder betrügerische Zahlung innerhalb dieser Sammeldatei. Die Bequemlichkeit, den automatisierten Zahlungslauf nicht durch manuelle Eingriffe bei Warnmeldungen unterbrechen zu müssen, wird mit der Übernahme eines massiven finanziellen Risikos erkauft. Eine einzige manipulierte Rechnung, die im Rahmen eines „Opt-out“-Laufs bezahlt wird, geht vollständig zu Lasten des Unternehmens. Die Entscheidung für oder gegen das „Opt-out“ ist somit keine reine Prozessfrage, sondern eine strategische Risikoabwägung.
Komplexe Szenarien: Factoring, Zentral-Treasury und Co.
In komplexeren Finanzierungsstrukturen potenziert sich die Herausforderung. Ein klassisches Beispiel ist das Factoring: Ein Unternehmen verkauft seine Forderungen an einen Factor. Die Kunden des Unternehmens müssen ihre Rechnungen nun auf ein Konto überweisen, das dem Factor gehört. Der bei der Zahlung anzugebende Empfängername (der Factor) stimmt nicht mit dem Namen des Rechnungsausstellers (das ursprüngliche Unternehmen) überein, was zwangsläufig zu einem „No Match“ führt. Dies erfordert eine proaktive und glasklare Kommunikation an alle Kunden sowie potenziell technische Lösungen wie Alias-Namen oder Whitelisting-Verfahren, die mit den beteiligten Banken und Factoring-Partnern abgestimmt werden müssen.
4. Ihr Aktionsplan zur VoP-Readiness: Eine umfassende Checkliste für Unternehmen
Um den Herausforderungen der VoP-Verordnung systematisch zu begegnen, ist ein strukturierter Aktionsplan unerlässlich. Dieser sollte in drei Phasen unterteilt werden.
Phase 1: Interne Analyse und Vorbereitung (Jetzt bis Q1 2025)
- Stammdaten-Audit: Führen Sie eine vollständige Überprüfung aller Kunden- und Lieferantenstammdaten durch. Der Fokus muss auf dem exakten, juristisch korrekten Namen liegen, wie er bei der Bank des Geschäftspartners hinterlegt ist.
- Prozess-Analyse: Identifizieren und dokumentieren Sie alle Prozesse zur Initiierung von Zahlungen (manuelle Einzelzahlungen, Sammelzahlungen aus dem ERP-System, Zahlungen über TMS). Analysieren Sie, an welchen Stellen der VoP-Abgleich zu Unterbrechungen und manuellem Aufwand führen wird.
- Banken-Dialog: Nehmen Sie frühzeitig Kontakt zu Ihren Hausbanken auf. Klären Sie deren Zeitplan für die VoP-Implementierung, die technischen Details der Anbindung für Sammeldateien und die genaue Funktionsweise ihrer Matching-Algorithmen.
Phase 2: System- und Dokumenten-Anpassung (Q2-Q3 2025)
- ERP/TMS-Systeme: Arbeiten Sie eng mit Ihrer IT-Abteilung und Ihren Softwareanbietern zusammen, um sicherzustellen, dass Ihre Systeme den neuen Request-Response-Workflow für VoP-Anfragen verarbeiten können. Dies ist besonders für die automatisierte Verarbeitung von Sammelzahlungen entscheidend.
- Rechnungsvorlagen: Passen Sie sämtliche Rechnungsvorlagen an. Fügen Sie ein klar hervorgehobenes Feld hinzu, das den exakten, für Überweisungen zu verwendenden Empfängernamen enthält.
- Online-Formulare: Überarbeiten Sie alle webbasierten Formulare und Portale, über die Zahlungsdaten kommuniziert werden.
Phase 3: Externe Kommunikationsoffensive (Ab Q2 2025)
- Geschäftspartner informieren: Entwickeln Sie einen standardisierten Kommunikationsplan, um alle Kunden und Lieferanten rechtzeitig über die anstehenden Änderungen zu informieren. Teilen Sie proaktiv Ihren exakten, bei Ihrer Bank registrierten Firmennamen mit.
- Datenabfrage bei Lieferanten: Fordern Sie von all Ihren Lieferanten systematisch eine Bestätigung ihres offiziellen, bei der Bank hinterlegten Empfängernamens an, um Ihre Kreditorenstammdaten zu aktualisieren.
Tabelle: Die VoP-Readiness Checkliste
Die folgende Tabelle dient als praktisches Werkzeug, um die Vorbereitungen zu strukturieren und den Fortschritt zu verfolgen.
Kategorie | Konkrete Maßnahme | Priorität | Verantwortliche Abteilung | Status |
Stammdaten-Management | Audit aller Lieferanten-Stammdaten auf korrekten Rechtsnamen und IBAN. | Hoch | Einkauf / Kreditorenbuchhaltung | Offen |
Audit aller Kunden-Stammdaten zur Antizipation von Zahlungsproblemen. | Mittel | Vertrieb / Debitorenbuchhaltung | Offen | |
Etablierung eines Prozesses zur Verifizierung des Banknamens bei Neuanlage von Partnern. | Hoch | Einkauf / Buchhaltung | Offen | |
Interne Prozesse & Systeme | Analyse der Zahlungsprozesse (Einzel-, Sammelzahlungen) auf VoP-Auswirkungen. | Hoch | Treasury / Buchhaltung | Offen |
Technische Klärung der VoP-Fähigkeit von ERP/TMS-Systemen mit IT/Softwareanbieter. | Hoch | IT / Treasury | Offen | |
Definition einer internen Richtlinie zum Umgang mit „Close Match“- und „No Match“-Fällen. | Hoch | Buchhaltung / Finanzen | Offen | |
Strategische Entscheidung über die Nutzung der „Opt-Out“-Funktion für Sammelzahlungen. | Hoch | CFO / Leitung Finanzen | Offen | |
Bankbeziehung | Termin mit Hausbank(en) zur Klärung der technischen Anbindung für VoP-Feedback. | Hoch | Treasury / Finanzen | Offen |
Abfrage der spezifischen Matching-Logik und Toleranzgrenzen der Hausbank(en). | Mittel | Treasury | Offen | |
Klärung der Handhabung von Sonderfällen (z.B. Factoring-Konten) mit der Bank. | Hoch | Finanzen | Offen | |
Externe Kommunikation | Anpassung der Rechnungsvorlage mit explizitem Hinweis auf den Empfängernamen. | Hoch | Buchhaltung / Marketing | Offen |
Entwicklung eines standardisierten Schreibens zur Information von Kunden und Lieferanten. | Mittel | Vertrieb / Einkauf | Offen | |
Systematische Abfrage und Bestätigung der korrekten Empfängernamen bei allen Lieferanten. | Hoch | Einkauf | Offen |
5. Strategische Absicherung: Wie Sie aus regulatorischem Zwang eine Chance für Ihr Working Capital machen
Die Auseinandersetzung mit der VoP-Verordnung sollte nicht als rein defensive Maßnahme zur Risikovermeidung betrachtet werden. Vielmehr bietet der regulatorische Zwang eine einzigartige Gelegenheit, die eigenen Finanzprozesse zu durchleuchten und das Working Capital Management strategisch zu optimieren.
Vom Reagieren zum Agieren: VoP als Katalysator für die Optimierung des Cash Conversion Cycle
Die durch VoP erzwungene, tiefgreifende Bereinigung der Stammdaten und die Analyse der Zahlungsprozesse schaffen eine ideale Grundlage, um den gesamten Cash Conversion Cycle zu überprüfen. Ineffizienzen, die bisher toleriert wurden, werden nun zu untragbaren Risiken und müssen behoben werden. Dies ist der perfekte Zeitpunkt, um veraltete Prozesse zu modernisieren und die Kapitaleffizienz zu steigern.
Liquiditätsengpässe proaktiv überbrücken mit Factoring
Hier schließt sich der Kreis zu intelligenten Finanzierungslösungen. Das Hauptrisiko von VoP sind unvorhersehbare Verzögerungen im Zahlungseingang. Factoring bietet einen direkten und effektiven Schutz gegen dieses Risiko. Durch den Verkauf von Forderungen wird unsicherer Zahlungseingang in sofortige, garantierte Liquidität umgewandelt. Selbst wenn Kundenzahlungen aufgrund von VoP-Problemen ins Stocken geraten, bleibt der Cashflow des Unternehmens stabil und planbar. Factoring fungiert als strategischer Puffer, der die durch die neue Regulierung entstehende Unsicherheit neutralisiert.
Lieferantenbeziehungen stärken durch Supply Chain Finance
Auch auf der Passivseite lassen sich strategische Vorteile erzielen. Mit der Implementierung eines Supply Chain Finance-Programms (auch Reverse Factoring genannt) kann ein Unternehmen sicherstellen, dass seine Lieferanten pünktlich bezahlt werden, selbst wenn der eigene interne Zahlungslauf durch VoP-bedingte Prüfungen verzögert wird. Dies sichert nicht nur die Lieferkette und stärkt die Beziehungen zu Schlüsselpartnern, sondern kann auch zur Optimierung der eigenen Zahlungsziele genutzt werden. Ein potenzieller Reibungspunkt wird so in einen Wettbewerbsvorteil umgewandelt.
Fazit: Sichern Sie Ihre Zahlungsfähigkeit, bevor es zu spät ist.
Die Frist am 9. Oktober 2025 rückt näher. Die Verification of Payee ist eine der tiefgreifendsten Änderungen im europäischen Zahlungsverkehr seit der Einführung von SEPA. Unternehmen, die jetzt passiv bleiben, riskieren ab Herbst 2025 empfindliche Störungen ihrer Liquidität, operative Engpässe und finanzielle Verluste. Proaktives Handeln ist nicht nur ratsam, sondern existenziell. Die Vorbereitung auf VoP ist eine strategische Aufgabe, die eine ganzheitliche Betrachtung von Daten, Prozessen und Finanzierungsstrukturen erfordert. Indem Sie diese Herausforderung annehmen, können Sie nicht nur Risiken minimieren, sondern auch die Effizienz und Resilienz Ihres Finanzmanagements nachhaltig stärken und regulatorische Pflichten in einen strategischen Vorteil umwandeln.